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Channel: dunkelangst.org by H. 赫穆 Roewer » Mauerfall
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Nordkorea

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Ich habe eine etwas andere Meinung über Nordkorea als man sie in den Medien präsentiert bekommt. Nur: Ich war lang genug in Asien und auch zumindest in Südkorea als dass ich weiß, dass sich niemand hier in Europa vorstellen kann was dort passiert. Aus diesem Grund mache ich den Journalisten auch keinen Vorwurf, denn sie Wissen es einfach nicht besser.

Und auch gleich noch ein Hinweis:
Ich weiß es auch nicht besser. Jeder professionelle Journalist hat den Grundsatz, mindestens zwei unabhängige Quellen zu einem Thema zu befragen, bevor ein Bericht veröffentlicht wird. Ich habe in diesem Bericht nur eine Quelle und logischerweise konnte ich sie nicht überprüfen. Ich empfand die Geschichte allerdings als wahr, weil ich keinen Grund erkennen konnte, weshalb ich angelogen werden würde.

Als ich in Seoul war, habe ich eine Frau in einer für mich gewöhnlichen Kneipe kennen gelernt. Sah zumindest von außen so aus. Ich bin mit ihr einfach so ins Gespräch gekommen. In diesem Gespräch kam heraus, dass sie Prostituierte ist. Ups, doch nicht so eine ganz normale Kneipe, obwohl sie von außen ganz normal aussah… Falsch abgebogen. Ich sagte ihr, dass ich nicht mit ihr schlafen wollen würde aber wir uns gerne weiter unterhalten können. Das war dann so ein wenig wie bei Pretty Woman: Sie hat mich hierauf hin fragend angeschaut, weil sie das nicht glauben wollte. Sie bat mich, ihr das zu versprechen, dass ich wirklich nicht mit ihr in die Kiste wollen würde. Ich versprach es ihr. Dann erlebte ich innerhalb von Sekunden eine totale Verwandlung – da kam Leben in ihre Augen und sie wurde zum Mensch; sie schaltete ihre Gefühle ein. Letztere, so sagte sie dann zu mir, muss sie für ihren Job ausschalten, sonst würde sie zerbrechen; darum sei es für sie so wichtig, dass ich nun nicht mehr mit ihr in die Kiste springen würde. Andernfalls würde ich sie verletzen, denn wenn sie ihre Gefühle einem Mann erst einmal zeigt, dann könne sie diese nicht mehr ausschalten.

Es wurde ein sehr interessantes Gespräch. Sie fragte mich, wo ich her kommen würde. Deutschland. Und sie? Ich fragte vorsichtshalber nach, denn so ganz konnte ich Asiaten damals nicht unterscheiden und es kann ja auch durchaus möglich sein, dass sie aus einem anderen asiatischen Land nach Südkorea gezogen ist. Nordkorea war die Antwort.

Wie sie nach Südkorea gekommen sei? Geflohen. Und sie hätte großes Glück gehabt, nicht erschossen worden zu sein. Zwischen Nord- und Südkorea verläuft noch immer ein Todesstreifen, welcher eindrucksvoller ist, als die Mauer der DDR zu ihren fürchterlichsten Tagen. Ich bin 31 Jahre alt und kann mich zumindest an den Deutschen Mauerfall noch immer erinnern, obwohl ich damals noch ein Kind war. Weitere Einzelheiten zu ihrer Flucht wollte sie nicht erzählen. Nur der Hinweis, dass es andere nicht geschafft hätten.

Warum sie als Prostituierte arbeiten würde. Ich konnte mir die Frage nicht verkneifen, auch wenn sie mir in dem Moment wirklich peinlich war. Weil sie seit ihrer Flucht keinerlei Unterstützung von Südkorea bekommen würde. Muss doch anders sein, als damals in der Zeit als die DDR noch existierte und die Flüchtlinge Unterstützung in der BRD bekommen haben, sofern sie auf der Flucht halt nicht ihr Leben lassen mussten. Und: Es ginge ihr als Prostituierte in Seoul besser als in Nordkorea wo sie keine Prostituierte gewesen ist. Sie hätte immerhin etwas zu Essen und zu Trinken und sogar den Luxus einer eigenen Heizung.

Dann zeigte sie mir ihre Beinstrümpfe und rollte den rechten herab. Ich sah eine große runde Narbe auf der Vorderseite ihres rechten Oberschenkels. Sie drehte sich herum und zeigte mir die Hintrseite von ihrem Oberschenkel. Auch hier eine große runde Narbe. Ich schaute sie fragend an. „That was a bullet.“ War ihre Antwort. Wie das geschehen sei? Damals, als Kim Jong Il gestorben sei, wurde sie zusammen mit allen anderen aus ihrem Ort zusammen auf einen großen Platz getrieben. Sie mussten um ihren geliebten Führer weinen – für die Kameras. Jeder kennt diese Bilder – auch in Europa. Sofort kamen Erinnerungen in mir an einen deutschen Bericht aus dem Fernsehen hervor, den ich (mangels TV) auf Youtube gesehen habe. Man sieht hier, wie der Sarg an einer Menschenmenge vorbei rollt und wie die Zivilisten weinen. Ich hab mich immer gefragt, weshalb man um den Tod eines Staatsführers weinen kann. Klar, man kennt sie, aber sonderlich nahe würde es mir nicht gehen, einfach weil es keine Person aus meinem persönlichen näheren Umfeld ist. Ich schaute sie noch immer fragend an, einfach, weil ich es nicht verstanden habe. Sie fuhr fort mit der Erklärung, dass jeder der nicht geweint hätte augenblicklich von Scharfschützen niedergeschossen worden sei. Ihre Kugel hätte einen Mann zwei Reihen vor ihr durch den Kopf, die Frau vor ihr durch den Bauch und ihr schließlich den Oberschenkel durchschlagen. Grund: der Mann hätte nicht geweint. Ich weiß nicht, wie es in der DDR war, aber ich glaube so etwas gab es dort nicht. Ich glaube jedenfalls schon, dass Menschen unter Todesangst sehr schnell das Weinen lernen und so sind die Bilder aus den Nachrichten für mich erklärbar, so mal die Bilder nicht von westlichen Journalisten stammen, sondern aus dem chinesischen Staatsfernsehen CCTV. Und: Es ist nicht einmal klar, ob die Bilder durch den Sender CCTV entstanden sind, oder durch Nordkoreanische Kollegen, die den blutigen Teil, Adobe sei Dank, herausgeschnitten haben. Vorstellbar ist das. Leider.

Sie hat mir dann auch die Geschichte erzählt, dass beim letzten Säbelrasseln Nordkoreas China die Energiezufuhr nach Nordkorea gestoppt hat, weil der chinesischen Regierung das Regime zu weit gegangen ist. In der Folge seien zehntausende Menschen in Nordkorea erfroren, ohne dass es der Westen auch nur mitbekommen hätte. Und selbst unter diesen Bedingungen sei ein Volksaufstand nicht möglich. Ein Menschenleben in Nordkorea sei halt nichts Wert. Das Regime hätte selbst unter diesen Bedingungen nicht eingelenkt. Irgendwann, nach vier bis sechs Wochen hätte China resigniert aufgegeben und wieder Energie geliefert. Mehr als Leichenberge hätte diese Aktion auch nicht gebracht.

Ob man denn irgendetwas machen könnte? Reden. Das Regime Ernst nehmen und mit Ihnen reden. Wenn man nicht mit ihnen reden würde, würden sie eher den Tod im Kampf suchen als aufzugeben. Never loose your face. Das gilt in Asien und so auch in Nordkorea. Dann lieber die Kugel anstatt aufzugeben.

Die USA haben in Asien noch nie einen Krieg gewonnen. Nein, die Aussage ist falsch: einen Krieg haben sie schon gewonnen. Gegen Japan. Nach dem Abwurf von zwei Atombomben hat Japan bedingungslos kapituliert. Sie haben erst dann kapituliert, als die USA gezeigt haben, dass Japan nur zwei Möglichkeiten hat: entweder sie sterben alle und zwar wirklich alle (egal ob Frau, Säugling oder Soldat) oder sie kapitulieren. In Japan hat damals die Vernunft gesiegt. In den USA hatte dies eine Hochstimmung zur Folge. Der Krieg ist vorbei – die Soldaten können wieder heim. Alle anderen Kriege haben die USA in Asien verloren. Sie wurden verloren, weil sie ohne den Einsatz einer Kerntechnischen Waffe nicht zu gewinnen sind. Sowohl die Koreaner (siehe Koreakrieg 1950-1953) als auch die Vietnamesen (siehe Vietnamkrieg 1957 – 1975) haben in zwei Kriegen bewiesen, welche Opferbereitschaft sie haben und dass diese viel viel höher ist, als die von den USA und anderen westlichen Staaten. Das ist zumindest meine Einschätzung.

Noch in der Neujahrsansprache hat Kim Jong Un doch den Wunsch geäußert, die Konfrontation zwischen Nord- und Südkorea mit dem Ziel einer Wiedervereinigung beenden zu wollen. Die USA und Südkorea reagierten auf diese Aussage verwundert und haben nicht das Gespräch gesucht. Man muss vor diesem Hintergrund in meinen Augen auch sehen, dass Kim Jong Un unter falschen Namen lange Zeit in der Schweiz gewohnt hat – er weiß, wie die westliche Kultur ist und welchen Lebensstandard die Menschen hier haben. Worum geht es Nordkorea denn nun eigentlich mit dem aktuellen Säbelrasseln? Diese Frage lese ich zur Zeit in nahezu jedem Online Artikel. Worum geht es nun eigentlich bei dem Verhalten Nordkoreas? Vor dem militärischen Hintergrund sind Südkorea und die USA meiner Meinung nach gut damit beraten das Gespräch zu suchen und genau die Frage einfach mal bei dem runden Tisch zu stellen. Ich frage mich, weshalb die USA und Südkorea bei dieser doch positiven Neujahrsansprache nicht das Gespräch gesucht haben. Vielleicht ist das Säbelrasseln so wie bisher nur die Aufforderung an den Verhandlungstisch zurück kehren zu wollen. Ich glaube daher, dass US-Außenminister Kerry einen großen Fehler machen würde, jetzt auf seiner Asienreise nicht mit Nordkorea zu sprechen bzw. das Land nicht zu besuchen. Aber wahrscheinlich ist das genau das, was die USA niemals machen werden. Die USA sind halt der Meinung, dass die sechs Parteiengespräche Zielführender sind…

Es ist einfach so: Wenn sich zwei streiten, hat niemals nur einer Schuld. Das ist bei Staatskonflikten nicht anders. ;)

Nur meine Meinung. Ich war übrigens auch nur ein Wochenende in Seoul, und ich denke, ich kenne nicht genügend über den Konflikt um wirklich etwas zu sagen. Und auch zum Abschluss noch einmal der Hinweis, dass ich die Aussagen der nordkoreanischen Dame nicht nach journalistischen Maßstäben überprüfen konnte. Ich persönlich glaub ihr trotzdem – es gibt einfach keinen für mich ersichtlichen Grund weshalb sie mich angelogen haben sollte. Ich glaube, ich muss nicht unbedingt in Nord- oder Südkorea wohnen. Ich bevorzuge da doch lieber Taiwan. ;)

Nachtrag vom 9.11.2014

Heute ist das 25 Jährige Jubiläum des Mauerfalls von Berlin und inzwischen wohne ich in der Schweiz. Immerhin existiert eine derartige menschenverachtende Grenze nicht mehr in Deutschland. Meine persönlichen Kindheitserinnerungen an den Mauerfall werden in dem folgenden Beitrag geschildert:


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